Falsche Propagandameldung 1914

Westlich Langemarck brachen junge Regimenter unter dem Gesange „Deutschland, Deutschland über alles“ gegen die erste Linie der feindlichen Stellungen vor und nahmen sie. Etwa 2000 Mann französischer Linieninfanterie wurden gefangengenommen und sechs Maschinengewehre erbeutet.“ Dieser Bericht der Obersten Heeresleitung über die Kämpfe bei Ypern am Vortag wurde von fast allen deutschen Zeitungen auf der ersten Seite abgedruckt .

In dem Bericht wurde der Ort der Kämpfe von Dixmuiden bzw. Bixchote ( nähe Ypern) kurzerhand nach Langemark (in abgewandelter Schreibweise: Langemarck) verlegt, weil es besser klang.

Die Meldung lautete im Original:

Dixmuiden erstürmt – Die jungen Regimenter bei Langemarck – 3500 Franzosen gefangen

Großes Hauptquartier, 11. November, vormittags. Am Yser-Abschnitt machten wir gestern gute Fortschritte. Dixmuiden wurde erstürmt, mehr als 500 Gefangene und neun Maschinengewehre fielen in unsere Hände.
Weiter südlich drangen unsere Truppen über den Kanal vor. Westlich Langemarck brachen junge Regimenter unter dem Gesang „Deutschland, Deutschland über alles“ gegen die erste Linie der feindlichen Stellungen vor und nahmen sie. Etwa 2000 Mann französischer Linieninfanterie wurden gefangen und sechs Maschinengewehre erbeutet.
Südlich Ypern vertrieben wir den Gegner aus St. Eloi, um das mehrere Tage erbittert gekämpft worden ist. Etwa 1000 Gefangene und sechs Maschinengewehre gingen dort in unseren Besitz über.

Meistens wurde nur der mittlere Teil des Heeresberichtes zitiert, „obwohl er wichtige Fragen offen läßt. Was heißt „ Westlich Langemarck? „ Das Land ist so dicht besiedelt, daß man den Ort ohne weiteres genauer hätte bestimmen können. Was man zu berichten hatte, fand bei Bixschote statt, 5 km westlich von Langemarck gelegen. Aber Bixschote eignete sich wohl nicht zum Weitersagen. Man brauchte den Namen Langemarck, der wie Bismarck oder Königsmarck etwas Ehernes und Kerniges an sich hat, für die vaterländischen Feiern, die folgten, für die Studentenaufmärsche und Theaterstücke.

Man sprach von „jungen Regimentern“, man prägte den Begriff der „ Jugend von Langemarck „ und übersah, vermutlich in voller Absicht, daß auch die Angehörigen älterer Jahrgänge im Oktober und November an der flämischen Front schwer gelitten und geblutet haben. Es waren neben der Jugend vor allem die Männer der Landwehr, die im Herbst 1914 die barbarische Zeche von Langemarck , Dixmuiden und St. Eloi zu bezahlen hatten. In den meisten Fällen miserabel geführt und unzulänglich ausgerüstet (es fehlte vor allem an Spaten) wurden sie mit ihren jungen Kameraden zu immer neuen Angriffen getrieben, die von vornherein zum Scheitern verurteilt waren.“
( Karl Unruh S. 10)